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Veranstaltungsreihe „Erinnern und Engagieren vor Ort“ in Blankenheim

Ausstellungseröffnung am 1. September in Blankenheim mit Vertretern aus Gesellschaft und Politik zum Auftakt

Blankenheim. Mit über fünfzig Gästen war der Veranstaltungsraum im Blankenheimer Eifelmuseum bis auf den letzten Platz gefüllt. Anlass war die Eröffnung der Ausstellung „Erinnern und engagieren digital“ des Anne-Frank-Zentrums Berlin, die vom Heimatverein Uedelhoven installiert und in vielfältiges Rahmenprogramm eingebettet wurde. Unterstützt wird der Heimatverein von der Gemeide Blankenheim, dem Volksbund und Lokalforschern. 

In ihrer Einführung skizzierte Yvonne Kalbusch-Fürsatz im Namen des Heimatvereins die Idee und den Weg zur Umsetzung: ein 2019 im Ortsteil Uedelhoven gepflanzter Anne-Frank-Baum ist Ausgangspunkt für zahlreiche Projekte, die das Erinnern lokal verankern – von Gedenkfeiern über Schulprojekte bis hin zu Lesungen und Vorträgen. In diesem Jahr nun die Ausstellung mit einer Veranstaltungsreihe. 

Auftakt der Reihe war ein Podiumsgespräch, an dem Landrat Markus Ramers, Bürgermeisterin Jennifer Meuren, Landesgeschäftsführer des Volksbunds NRW Stefan Schmidt sowie Vertreter der lokalen Initiativen und des Heimatvereins Uedelhoven teilnahmen. 

Die Diskutanten beleuchteten ausgehend von Anne Franks persönlicher Sicht auf das Leben und Leiden im Nationalsozialismus die Bedeutung lokaler Erinnerungsarbeit im jeweiligen Kontext. Besonders eindrücklich war die Erkenntnis, dass NS-Verbrechen wie Zwangsarbeit nicht nur abstrakt in anderen Ländern, sondern auch in der unmittelbaren Nachbarschaft stattgefunden haben.

Gerade heute, 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, müssen Räume für Erinnerung erhalten, geschaffen und auch finanziell abgesichert werden. Die Jugendlichen stehen dabei besonders im Fokus: Mit ihnen gemeinsam auf Spurensuche zu gehen, Geschichte erfahrbar zu machen und Gedenkorte in der eigenen Umgebung zu entdecken, darin sehen alle Podiumsteilnehmer ein zentrales Anliegen ihrer Arbeit. 

Im Anschluss an das rund einstündige Gespräch hatten die Besucher Gelegenheit, die Plakatausstellung zu besichtigen. Die Diskussionen setzten sich in kleinen Gruppen fort – ein Zeichen dafür, wie sehr die angesprochenen Themen bewegen und zum Nachdenken anregen. Der Abend war ein gelungener Auftakt, der zeigt: Erinnerung braucht Engagement, Austausch und Orte, die zum Innehalten einladen. Der Anne-Frank-Baum in Uedelhoven ist ein solcher Ausgangspunkt. 

Die Ausstellung ist vom 1. bis 14. September 2025 zu den regulären Öffnungszeiten und während der Veranstaltungen zu besichtigen. Weitere Informationen zum Rahmenprogramm: https://nrw.volksbund.de/aktuell/termine

Text: RG Rheinland; Foto: Pressestelle Kreis Euskirchen

Ein Land voller Massengräber und kaum jemand, der noch einen Kaddisch sagen kann: Auf den Spuren der Shoah in Lettland

Im September 2024 unternahmen Mitarbeitende der Gedenkstätten sowie Mitglieder des Gedenkstättenvereins und MultiplikatorInnen aus dem Osnabrücker Raum und Berlin vom 26. August bis 1. September 2024 eine Reise nach Litauen und Lettland zu Orten der Shoah im Baltikum. Die Reise erfolgte im Rahmen der Ausstellung "Der Tod ist ständig unter uns. Die Deportationen nach Riga und der Holocaust im deutsch besetzten Lettland", die vom 7. April bis 1. September 2024 in der Gedenkstätte Augustaschacht zu sehen war. Die Autorin war eingeladen worden, an dieser Reise teilzunehmen. Sie stellt uns ihren Bericht für diese Veröffentlichung kostenfrei zur Verfügung.

Am 13. Dezember 1941 wurden 35 Osnabrückerinnen und Osnabrücker gezwungen, in einen Zug zu steigen, der sie in mehrtägiger Fahrt nach Riga in Lettland brachte. Sie selber kannten das Ziel nicht. Ihren Besitz mussten sie zurücklassen. Fünfzig Kilo an Gepäck waren alles, was sie mitnehmen durften, und auch wurde ihnen bei der Ankunft weggenommen, als sie mit Eisenstangen aus dem Zug in die eisige Kälte von minus 30 bis 40 Grad geprügelt wurden. Kleine Kinder und alle, die den weiten Weg in das Ghetto nicht schafften, wurden gleich ermordet. „Keiner von uns hat geglaubt, dass so viel Sadismus möglich war“ – dieser Satz stammt von Ewald Aul, einem der fünf Osnabrücker Überlebenden dieser Deportation, später langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Nachkriegsgemeinde in Osnabrück.

Diese Reise war nicht leicht, manche Eindrücke nur schwer zu verkraften Es war eine Reise auf den Spuren von Massenmorden, die auch emotional belastete, und dennoch eine Reise mit vielen wertvollen Begegnungen mit Menschen, die sich dafür engagieren, die Menschen, die diesen Morden zum Opfer fielen, der Vergessenheit zu entreißen, wo das noch möglich ist, und ihnen dadurch ihre Würde zurückzugeben. Unter diesen Ermordeten, für die niemand das Kaddisch, das jüdische Totengebet, sprach, sind 30 Osnabrückerinnen und Osnabrücker. Drei davon, die Geschwister Edith, Carl und Ruth-Hanna Stern, waren noch kleine Kinder.

Am 31. Juli 1941 wurde der Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, von Reichswirtschaftsminister Hermann Göring mit der Vorbereitung der Endlösung der Judenfrage beauftragt, der systematischen Ermordung aller europäischen Juden. Im Oktober 1941 ordnete Hitler die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus dem Reichsgebiet an. Sie wurden in Transporten von je 1.000 Personen in die Ghettos Lodz in Polen, und Minsk in Belarus, Kaunas und Vilnius in Litauen und das lettische Riga gebracht.

In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurde der Holocaust über Jahrzehnte verdrängt und tabuisiert. Neue Verbrechen durch das stalinistische Regime überlagerten die Erinnerung an die deutsche Besatzung und die Verfolgung von jüdischen Menschen und anderen Bevölkerungsgruppen. Für die Sowjetunion gab es keine jüdischen Opfer und damit auch keinen Holocaust. Die Ermordeten waren alle Sowjetbürgerinnen und -bürger. Es ging um Heldengedenken, alle Toten galten gleichermaßen als „Opfer des Faschismus“. Die Erinnerung an die massive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an den Morden wird den Litauern und Letten auch heute kaum zugemutet.